Freiheit und die Paradoxie der offenen Gesellschaft
Wir leben in einer paradoxen Welt. Einerseits wird die „offene Gesellschaft“ beschworen, als sei sie das höchste Ideal moderner Zivilisation. Andererseits besteht unser tägliches Leben aus einem eng geknüpften Netz staatlicher Zwangsstrukturen: Eigentum, Infrastruktur und Sozialsysteme sind zentralisiert, verwaltet von Bürokratien, finanziert durch Abgaben, die niemand freiwillig entrichtet.
In einer solchen Ordnung wird jede Migrationsfrage zwangsläufig politisch – nicht, weil das wandernde Individuum selbst politisch wäre, sondern weil der Staat sie durch seine Umverteilungsapparate zu einem Politikum macht.
Eigentum als Prüfstein der Freiheit
Eine freiheitliche Sicht auf Migration beginnt nicht bei abstrakten Menschenrechten, sondern bei der Realität von Eigentum und Vertrag. Denn Freiheit ohne Eigentum ist ein Wort ohne Inhalt.
Wer in einer Zwangsordnung „offene Grenzen“ fordert, verteilt in Wahrheit Kosten und Risiken auf andere. Murray Rothbard hat darauf hingewiesen, dass der Staat nicht Ausdruck kollektiven Willens ist, sondern ein Parasit, der sich durch Enteignung erhält¹. Und Hans-Hermann Hoppe erinnerte daran, dass Demokratie nichts anderes bedeutet, als dass Mehrheiten legalen Zugriff auf fremdes Eigentum erhalten².
Wer diese Einsicht ernst nimmt, erkennt: Migration ohne Eigentumsbezug ist kein Freiheitsakt, sondern ein Eingriff.
Eigentum als natürliche Grenze
In einer privatrechtsbasierten Ordnung gäbe es keine anonymen, „öffentlichen Räume“, sondern nur Verantwortungsräume: Wege, Häuser, Betriebe, Gemeinden – alles wäre in privater Hand. Zutritt gäbe es nur auf Einladung.
Migration ohne Zustimmung der Eigentümer wäre daher ein Übergriff, keine friedliche Handlung.
Solange aber kollektives Eigentum existiert, bleibt der Schutz von Grenzen eine notwendige Übergangslösung – ein Mittel, wenigstens die äußere Selbstbestimmung zu bewahren. Hoppe spricht hier von einer „pragmatischen Notwehrmaßnahme“³.
Erzwungene Integration – Freiheit als Pflichtübung
Heute erleben wir eine Form erzwungener Integration: Der Staat entscheidet, wer kommen darf, und zwingt dann seine Bürger, die Folgen zu tragen – durch Steuern, Vorschriften, Umverteilung.
Das ist keine Freiheit, sondern Zwang in moralischer Verpackung.
Hilfsbereitschaft verliert ihren Wert, sobald sie befohlen wird. Wirkliche Solidarität entsteht dort, wo Menschen freiwillig Verantwortung übernehmen. Staatliche Programme, die „Humanität“ verordnen, erzeugen dagegen Überforderung, Misstrauen und kulturelle Entfremdung.
Einladung statt Gleichheitszwang
Migration ist keine universelle Anspruchsfrage, sondern eine Frage von Einladung und Verantwortung. Niemand hat das Recht, in die Wohnung, die Firma oder die Gemeinschaft eines anderen einzuziehen. Zutritt gibt es nur dort, wo Eigentümer oder Gemeinschaften ihn gewähren.
Arbeitgeber, Sponsoren, Vereine oder Kirchengemeinden können auf diese Weise selbst entscheiden, wen sie aufnehmen und wofür sie einstehen. Wer einlädt, haftet. So entsteht ein System klarer Anreize: Migration wird nicht mehr zur anonymen Zuweisung, sondern zu einer persönlich verantworteten Entscheidung.
Beispiel Lindenhof:
Die Kleinstadt Lindenhof beschließt, Zuwanderung nicht mehr über staatliche Programme, sondern über ein Einladungssystem zu regeln. Arbeitgeber übernehmen vertraglich die volle Verantwortung für Unterkunft, Versicherung und Integration. Vereine oder Gemeinden, die helfen wollen, tragen alle Kosten selbst.
Die Kommune sorgt nur für Transparenz: Jeder weiß, wer neu hinzukommt – und auf wessen Verantwortung. Migration wird so zu einem bewussten, nachvollziehbaren Prozess, getragen von denen, die ihn wirklich wollen.
Der Wohlfahrtsstaat als Magnet der Fehlanreize
Milton Friedman brachte es auf den Punkt: *Freie Migration und Wohlfahrtsstaat sind unvereinbar.*⁴
Eine Gesellschaft, die zugleich offene Grenzen und staatliche Umverteilung will, will das Unmögliche – Freiheit auf Kosten anderer.
Der Wohlfahrtsstaat zieht Menschen an, die in ihrer Heimat keine vergleichbaren Leistungen erhalten, und zwingt gleichzeitig die einheimische Bevölkerung, für die Folgen zu zahlen. Das Ergebnis ist vorhersehbar: Überforderung, Spannungen, Vertrauensverlust.
Solange Migration an staatliche Transferansprüche gekoppelt ist, bleibt sie eine Form der Umverteilung – und damit der Enteignung.
Grenzen als legitime Selbstverteidigung
Grenzschutz ist kein Ideal libertärer Theorie, aber eine legitime Übergangslösung in einer nichtprivatisierten Welt.
Solange Straßen, Schulen und Krankenhäuser kollektiv verwaltet sind, bleibt der Schutz der Grenzen ein notwendiger Ersatzmechanismus, um das kollektive Eigentum der Steuerzahler zu schützen.
Grenzen sind kein Symbol nationalistischer Abschottung, sondern Ausdruck legitimer Selbstbehauptung – ein Minimum an Ordnung in einer Welt, in der Eigentum politisch verwaltet wird.
Realismus statt Utopie
Offene Grenzen können erst dort sinnvoll sein, wo Eigentum dezentral gesichert ist und niemand gezwungen wird, die Folgen fremder Entscheidungen zu tragen.
Bis dahin gilt: Wer Freiheit will, muss Verantwortung anerkennen. Wer Eigentum schützen will, braucht Kontrolle. Und wer Kontrolle will, braucht den Mut, zwischen Einladung und Übergriff zu unterscheiden.
Freiheit ohne Ordnung ist Illusion – und Ordnung ohne Eigentum ist Zwang.
Ethisches Fundament: Freiwilligkeit als Maßstab
Hilfe für Fremde ist kein Problem, sondern ein Prüfstein echter Verantwortung.
Schutz kann angeboten werden – aber nicht durch Zwang.
Moral verliert ihre Würde, sobald sie befohlen wird.
Echte Gastfreundschaft beruht auf Freiheit, nicht auf Befehl.
In diesem Sinn ist die Eigentumsethik nichts Kaltes, sondern die Voraussetzung für gelebte Menschlichkeit: Nur wer frei geben kann, kann wirklich helfen.
Schlussgedanke:
Eigentum, Ordnung, Freiheit – in dieser Reihenfolge.
Denn ohne Grenzen kein Schutz. Und ohne Schutz keine Freiheit.
Endnoten (Platzhalter):
Milton Friedman: Interview „Free to Choose“, PBS, 1980.
Murray N. Rothbard: Power and Market – Government and the Economy, 1970.
Hans-Hermann Hoppe: Democracy – The God That Failed, 2001.
Hans-Hermann Hoppe: A Realistic Libertarianism, 2018.