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Römer 13 – In der Tradition der Reformation

Lehrt Römer 13, dass sich Christen dem Staat unterordnen sollen? Das heutige- in der evangelikalen Bewegung und den liberalen Großkirchen- mehrheitlich vertretene Verständnis geht davon aus. Ganz im Gegensatz dazu die Reformatoren (siehe hier). Diese hatten ein differenzierteres und kritischeres Verständnis gegenüber Obrigkeit bzw. ziviler Autorität, welches sich nicht allein und isoliert auf die Passage im Römerbrief gründete, sondern der gesamten Schrift.

Deshalb wenden sich reformierte Bekenntnisse (und andere Lehrstandards) nicht gegen den Widerstand gegen Autoritäten, die das bürgerliche Recht verletzen. Im Westminster Glaubensbekenntnis 20.4 heißt es, dass diejenigen, die sich “jeder rechtmäßigen Macht oder ihrer rechtmäßigen Ausübung widersetzen … der Ordnung Gottes widerstehen“. Tyrannei, nicht die Verordnung Gottes ist unrechtmäßig, und man ist berechtigt, sich ihr rechtmäßig widersetzen. Das Londoner Baptistische Glaubensbekenntnis 24.3 legt fest, dass Unterordung nur bei “rechtmäßigen Anordnungen” erforderlich ist. Das Zweite Helvetische Glaubensbekenntnis 30 formuliert in ähnlicher Weise, dass Gehorsam nur gegenüber “gerechten und angemessenen Befehlen” erforderlich ist. Das Belgische Glaubensbekenntnis 36 schreibt Gehorsam nur gegenüber Dingen vor, “die nicht im Widerspruch zu Gottes Wort stehen“, und prangert alle an, auch die zivilen Autoritäten, die “das Recht untergraben” wollen.

Paulus leitet in Römer 12:2 mit dem Grundmotiv ein, wie das Verhältnis des Gläubigen zur Gemeinde als Ganzes, zu einzelnen Mitchristen, zu allen Menschen, sogar zu unseren Feinden aussehen soll. Gläubige sollen sich auf Grundlage der Schrift und der Hilfe des Heiligen Geistes kritisch wertend mit allen Themen und Fragen der Zeit und dem Willen Gottes diesbezüglich auseinandersetzen und neu ordnen.

In Römer 13:1-7 fasst Paulus das Verhältnis des Gläubigen zu zivilen Autoritäten ins Auge. Vergeblich sucht (auch wenn viele dies zu finden meinen), wer hier oder anderswo eine vollständige Lehre zu Politik oder Staat zu finden hofft. Ähnlich wie bei der Ehe, oder dem Ältestendienst, gibt die Schrift jedoch klare Richtlinien vor. Nicht bezüglich der Ausgestaltung (Staatsform etc.), keine Staatstheorie aber sehr wohl in Hinblick auf den Auftrag und die Begrenzung staatlicher Autorität. Paulus klärt in Römer 13 nicht alle Fragen abschließend, zeigt jedoch grundlegende Prinzipien zur Frage nach dem Verhältnis zu zivilen Autorität (exousiais-> Autorität) auf. Weitere Stellen, die diese Frage thematisieren sind z.B. Titus3:1; 1Petr2:17.

Die Reformatoren unterschieden- im Gegensatz zu den meisten Theologen heute- klar und eindeutig zwischen dem Prinzip der Autorität, dem Amt ziviler Autorität und der jeweils im Amt befindlichen Regierung oder Person:

“Wenn er gegen das Recht regiert, wird er durch das Recht bestraft … Wenn er seine Macht missbraucht, hört er auf, König und öffentliche Person zu sein, und wird eine Privatperson. Wenn er in irgendeiner Weise vorgeht und notorisch oder böswillig handelt, kann jeder ihm Widerstand leisten…
[…]
Das Volk oder die Mitglieder des Reiches werden eine so perfide, perverse und vertragsbrüchige Person nicht als ihren Magistrat anerkennen, sondern ihn als Privatperson und Tyrann behandeln, dem sie nicht mehr verpflichtet sind, Gehorsam und andere versprochene Pflichten zu leisten.”

Johannes Althusius, reformierter Rechtsgelehrter und Staatstheoretiker, “Politica Methodice Digesta” (1603)

Johannes Althusius Verständnis von Römer 13 kennt keine prinzipielle Unterordnung unter Könige bzw. Regierungen. Diese stehen unter dem Gesetz Gottes. Verstoßen diese gegen sein Recht, verlieren sie ihre Legitimation und die Menschen ihre Pflicht, sich diesen unterzuordnen. Bei anhaltender und böswilligen Unrecht gesteht Althusius sogar explizit Widerstand gegen angemaßte Autorität zu. Althusius leitet folgende Grundsätze aus Römer 13 ab:

  1. das Prinzip der Autorität kommt von Gott (Schöpfungsordnung)
  2. ziviler Autorität gebührt als Dienerin Gottes freiwillige Unterordnung und Respekt (Notverordnung)
  3. Gott ist die letzte und höchste Instanz (Grenze)
  4. wo zivile Autorität ihre Aufgabe nicht erfüllt, besteht keine Pflicht zur Unterordnung (Widerstand)

Römer13:1: Obrigkeit bzw. Autorität ist keine menschliche Erfindung, kein Produkt menschlicher Kultur oder zivilisatorischer Entwicklung, sondern kommt laut Paulus von Gott (Schöpfungsordnung [oeconomia & ecclesia] bzw. Notverordnung [politia]). Die Reformatoren kennen und lehren übereinstimmend das Prinzip weltlicher Autorität als Ordination Gottes. Als Prinzip und im Rahmen der Vorsehung vollzieht sich damit Gottes Wille in der Geschichte (z.B. Daniel2:20-21). Dabei ist unerheblich ob weltliche Autoritäten bzw. Mächte dies wollen, anerkennen oder überhaupt Kenntnis davon besitzen. Jegliche Macht bzw. Autorität steht jedoch unter der Autorität Gottes (2Sam12:8=David; Jesaja45:1=Kyros; Jeremia27:6=Nebukadnezar).

“Die klaren Worte des Apostels machen den Unterschied deutlich … die Gewalten sind von Gott verordnet, um die ruhigen und friedfertigen Menschen zu bewahren und die Übeltäter zu bestrafen. Daraus geht klar hervor, dass die Anordnung Gottes und die den Menschen gegebene Macht eine Sache ist, und die Person, die mit der Macht oder der Autorität ausgestattet ist, eine andere… es ist offensichtlich, dass dem Fürsten widerstanden werden kann, und dennoch die Anordnung Gottes nicht verletzt wird… die Macht in dieser [Schriftstelle] ist nicht als ungerechter Befehl von Menschen zu verstehen… wenn Menschen sich in der Furcht Gottes dem Zorn und der blinden Wut von Fürsten widersetzen, widerstehen sie nicht Gott, sondern dem Teufel, der das Schwert und die Autorität Gottes missbraucht.”

John Knox, Der Unterschied zwischen der Verordnung Gottes und den Personen (ca. 1564)

Auch John Knox kennt keine bedingungslose Unterordnung unter menschliche Autoritäten und unterscheidet klar zwischen der grundsätzlichen Anordnung/Ordination Gottes und den jeweiligen Amtsinhabern. Legitimation und Verantwortung jeder weltlicher Autorität steht für ihn unter der höheren Autorität Gottes. Widerspruch und Widerstand gegen Regierungen, die in “ungerechter Weise” ihr Amt ausüben, ist John Knox folgend daher nicht nur zulässig, sondern im Einzelfall sogar geboten. Denn in diesem Fall widersteht man nicht Gott, sondern dem Teufel.

Römer13:2 und 5: Paulus lehrt, dass die prinzipielle Ablehnung ziviler Autorität, Rebellion gegen Gottes Ordination bedeutet und den Zorn Gottes nach sich zieht. Nicht allein aufgrund des Zornes Gottes, der durch die Bestrafung der Bösen (→ Aufgabe/Mandat ziviler Autorität) realisiert wird, sollen wir freiwillig kooperieren, sondern auch, weil an unser gutes Gewissen appelliert wird.

Zivile Autorität bzw. Obrigkeit ist, wie Ehe, Familie und Kirche, eine Ordination, ein Mandat (Bonhoeffer) und Auftrag Gottes. Für Luther und andere Reformatoren, leitet sich zivile Autorität jedoch, aufgrund des Sündenfalls (Notordnung), lediglich von der Autorität des Hausvaters (Schöpfungsordnung) ab (Luthers Hauspostille, WA 52, S.115 [1]). Dies impliziert, das man sich zwar grundsätzlich ziviler Autorität, nicht jedoch jeder Herrschaft von Menschen unterzuordnen hat. Handelt diese ungerecht, ist keine Unterordnung geboten.

Paulus spricht einerseits von Unterordnung aufgrund “drohender Verurteilung”, andererseits und entscheidend jedoch davon, dies um “Gottes und unseres Gewissens” wegen, also der eigenen, inneren, kritische Bewertung des Sachverhaltes und freiwilliger Entscheidung wegen zu tun. Wie bei dem Verhältnis zwischen Mann und Frau, bei der nicht egal ist, wer oder wie man zusammenlebt (wilde Ehe, Ehe für alle etc.), existiert eine von Gott eingesetzte Ordnung im Verhältnis zwischen Mensch und zivilen Autoritäten, die nicht nur Gläubigen zugut ist, sondern aufgrund des Sündenfalls und im Rahmen der allgemeinen Gnade nützlich für alle Menschen ist.

“Solange Recht und Gerechtigkeit herrschten, hat kein Volk Könige gewählt oder anerkannt, ohne bestimmte Bedingungen zu stellen. Und wenn diese Könige diese verletzen, ist das Ergebnis, dass diejenigen, die die Macht hatten, ihnen diese Autorität zu verleihen, nicht weniger Macht behalten haben, ihnen diese Autorität wieder zu entziehen.
…der Mann, der mit Straßenräubern zusammentrifft, …[darf] sich ihnen in gerechter Selbstverteidigung widersetzen, die keinen Tadel nach sich zieht, weil gewiss niemand einen besonderen Befehl von Gott erhalten hat, dass er sich sanftmütig von Räubern erschlagen lassen soll. Unsere Überzeugung ist ganz dieselbe über die regelmäßige Verteidigung gegen Tyrannen.”

Theodor von Beza, Reformator, “Recht der Magistrate” (1574)

Römer 13 lehrt nach reformatorischem Verständnis daher eine dreifache Aufforderung wem, wann und wie wir uns unterzuordnen sollen:

  • der Schöpfungsordnung grundsätzlich: denn das Prinzip Obrigkeit ist von Gott (Vers 1)
  • menschlicher Ordnung: solange diese Recht und Gerechtigkeit umsetzt, bzw. aufgrund der Schwertgewalt und des Gewissens (Vers 5)
  • Beispiel: jedermann geben, was man schuldig ist (Steuern, Ehre etc.) Vers 7

Römer13:6: Paulus greift mit dem Beispiel der Steuern auf eine Aussage von Jesus in Matthäus 22,15–22 zurück. Diese Textpassage startet mit einer Provokation der Pharisäer und Herodianer bzw. dem Versuch Christus eine Falle zu stellen. Je nachdem wie Christus antwortet, hofften sie darauf, dass er sich entweder die Römer oder seine Anhänger unter den Juden zum Feind macht und die Frage aufwarf, wie der Gehorsam Gott und dem Kaiser gegenüber zu vereinbaren ist.

Um diese Spannung ging es damals wie heute: Christus oder Cäsar? Paulus sagte von sich, das er das römische („irdische“ Apg22:25-27) und das himmlische Bürgerrecht (Phil3) besaß. Zwei Extreme gibt es hier für die Gläubigen, die dieser Spannung nicht gerecht werden. Der totale Rückzug, die Flucht aus der Welt, wie auch der Aufgang bzw. Vermischung in der Welt.

“Denn obwohl der Apostel sagt: Es gibt keine Macht außer der Gottes; doch meint er hier keine anderen Mächte, sondern solche, die von Gott geordnet und rechtmäßig eingesetzt worden sind. …Es sei denn, dass er alle Tyrannei und Unterdrückung gutheißt, die durch böse und gottlose Herrscher in ein Gemeinwesen kommt, die man mit Recht Unordnung und Umsturz in den Gemeinwesen nennen muss und nicht Gottes Anordnung. …Wenn sie solche sind, sind sie nicht Gottes Ordnung. Und wenn wir ihnen ungehorsam sind und widerstehen, widerstehen wir nicht der Ordnung Gottes, sondern der des Satans und unserer Sünde, die die Ursache dafür ist.”

Christopher Goodman, Reformator, “Wie höheren Mächten von ihren Untertanen gehorcht werden soll und wozu sie nach Gottes Wort rechtmäßig ungehorsam sein und Widerstand leisten dürfen” (1558)

Letztendlich ist das Gewissen des Gläubigen an Gott gebunden, sollen wir Gott mehr gehorchen als den Menschen (Apg5:29). Staatsmacht bzw. Anspruch auf Unterordnung und Gehorsam endet nicht erst dort, wo zivile Autorität Ungehorsam gegenüber Gott fordert, sondern bereits dort, wo diese über ihr Mandat hinaus oder gar gegen Gottes Auftrag Unterordnung fordert.

Je totalitärer, allumfassender eine zivile Autorität in das Leben der Menschen eingreift; verbietet oder erlaubt was Menschen tun, nicht zuletzt in den Verantwortungs- und Aufgabenbereichen der anderen Obrigkeiten (Familie, Kirche, Arbeitgeber, Gesundheit etc ), je mehr Spannung entsteht.

Die zivilen Autoritäten in Deutschland haben mittlerweile Gesetze erlassen, die sich eindeutig und offen gegen die 10 Gebote oder das natürliche Gewissen richten (Mord an ungeborenen Kindern, wilde Ehe, Ehe für alle, Erziehungsrecht der Eltern u.v.a.m.).

“Im Großen und Ganzen denke ich, dass wir mit Recht folgern können, dass die Lehren des passiven Gehorsams und des Nicht-Widerstands nicht die Lehren der Bibel sind, und dass Nicht-Widerstand gegenüber den obersten Mächten in der Schrift ebenso wenig gelehrt wird wie Nicht-Widerstand gegenüber unseren Mitmenschen und sogar gegenüber Dieben, Räubern und denen, die die schlimmste Gewalt anwenden… Die Wahrheit ist, und der ganze Geist der Schrift stützt sie, dass die Herrscher verpflichtet sind, in der Furcht Gottes und zum Wohle des Volkes zu regieren; und wenn sie das nicht tun, dann tun wir Gott einen Dienst, wenn wir ihnen widerstehen.”

Jonathan Edwards (Jr.), Unterordnung unter die Obrigkeit; Predigt 14 (1775)

Gott ist stets die letzte Instanz. Ihm gilt Loyalität, Hingabe und Liebe.

Römer 13:7: Unterordnung und Gehorsam bedeutet also keinen blinden Kadavergehorsam, sondern mündige, reflektierte Unterordnung, die am Willen Gottes überprüft wurde (Römer12:2). Wir sollen zivilen Autoritäten genau das geben, was wir dieser schulden, was diese berechtigt fordern kann. Nicht mehr und nicht weniger.

  • die Aufgabe weltlicher Obrigkeit
  • verliehene und begrenzte Autorität ziviler Autoritäten
  • Gefahr für zivile Autoritäten
  • Verantwortung der Gläubigen und Kirche gegenüber ziviler Autorität

Römer 3, 4 und 5: Paulus spricht konkret und unmissverständlich von der limitierten Aufgabe ziviler Autorität im Sinne der Schrift: diese soll den Menschen, uns „zugut“ zu sein. Sie trägt das Schwert („machaira“; Begriff für Polizei- und Strafgewalt), soll Recht aufrichten und umzusetzen, Recht, welches von Gott kommt, entweder spezifisch in Form der 10 Gebote oder auch allgemein durch das Gewissen (Röm1:19; 2:14-15), die Bösen straft und die Guten lobt. Fast wortgleich in 2Petr2:13 zu finden. Das ist die begrenzte Aufgabe und Bestimmung ziviler Autoritäten.

Darüber hinaus nennt die Schrift keine weitere Aufgabe! Weder Sprach-, noch Kindererziehung, keine Gesundheits- oder Wirtschaftspolitik, erst recht nicht wann oder was die Kirche lehrt fällt in den Aufgabenbereich einer zivilen Autorität. Diese soll für Recht, Sicherheit und Ruhe (2Tim2:1-2) sorgen. Ziel dabei ist nicht (nur) der individuelle bzw. allgemeine Frieden, sondern aus geistlicher Sicht, dass die Kirche ihrer Aufgabe (Erbauung der Gläubigen, Mission) ungestört nachgehen kann.

Demgegenüber steht der Zusammenbruch oder die Vakanz ziviler Autorität. Sagt Römer12:19, dass sich der einzelne nicht selbst rächen soll, beauftragt Gott die zivilen Autoritäten spezifisch als Rächerin mit dem Zorngericht an denen, die Bösen tun.

Römer 13:4 und 6: Paulus definiert bzw. steckt die Autorität ziviler Autorität ab: diese ist ein „diakonos“ Gottes (Diakon, Minister, Diener in Vers 4) bzw. „leitourgos“ (Vers 6), was so viel wie Priester bzw. öffentlicher Diener bedeutet. Paulus sagt dies im Bewusstsein, das Nero diese Würde nur bedingt zukommt, hat selbst Erfahrungen mit dem Römischen Reich als zivile Autorität gemacht. Aber selbst ungerechte Regierungen werden um ihrer selbst Willen und eigenen Vorteil bspw. willkürlichem Morden, Gewalt, Aufruhr und Raub Einhalt gebieten und ein Mindestmaß an Ordnung gewährleisten.

Paulus spricht von der zivilen Autorität als Dienerin Gottes jedoch primär, weil diese der Autorität Gottes untersteht, ausschließlich eine verliehene Legitimation besitzt, die von Gott abgeleitet ist und ihm Gehorsam schuldet! Beauftragt und begrenzt, aus sich heraus weder mit Autorität noch Macht ausgestattet (Joh19:11;Daniel2:20-21; Daniel4:20; 29).

Paulus zeigt weiterhin die Gefahr für zivile Autoritäten auf, die Gefahr zu einem Widersacher der Kirche und damit Gottes zu werden. Einer Obrigkeit, die sich nicht mit verliehener Autorität und Macht zufriedengibt, sondern nach absoluter Kontrolle und Macht strebt. Johannes beschreibt Jahre später ein Römisches Reich, welches sich massiv verändert hat, in welchem Rom die Christen verfolgt. In diesem Fall ist die zivile Autorität von einer Dienerin Gottes, zu einer Verfolgerin Gottes und Werkzeug des Teufels pervertiert. Aber nicht erst mit der Verfolgung der Kirche verliert die weltliche Obrigkeit ihren Anspruch auf Autorität und Unterordnung. Dies beginnt viel früher, dann wenn sie das Gute böse und das Böse gut nennt, nicht mehr die Bösen, sondern die Guten bestraft, sich Autorität über das göttliche Mandat hinaus anmasst, das Recht Gottes (Jesaja 5,20), ignoriert, es aussetzt und verdreht. Damit stellt sich eine zivile Autorität dreist gegen den Maßstab Gottes sowohl in Römer 13, 2Petr2 oder anderen Stellen.

Für jeden sofort erkennbar, bei Fragen wie Abtreibung, Förderung von Homosexualität, Einmischung in Familie, Ehe und Kindererziehung, stehen viele Autoritäten in einem eklatanten Widerspruch zu ihrer Aufgabe als Dienerin Gottes.

“Die Autorität, die dem Recht widerspricht und böse und tyrannisch ist, kann niemanden zur Unterwerfung zwingen, sondern ist eine bloße tyrannische Macht und ungesetzlich; und wenn sie nicht zur Unterwerfung zwingt, kann ihr rechtmäßig widerstanden werden.
[…]
“Während König und Parlament tyrannische Handlungen gegen Gottes Gesetz und alle guten Gesetze der Menschen tun, tun sie nicht das, was zu ihrem Auftrag und der Ausübung ihres Amtes gehört; daher ist es nach unserem Bekenntnis, ihnen bei tyrannischen Handlungen zu widerstehen, nicht gleichbedeutend mit Widerstand gegen die Anordnung Gottes.”

Samuel Rutherford, Reformator, “Lex, Rex, oder Das Gesetz und der Fürst

Welche Verantwortung impliziert dies nun für die Gläubigen bzw. die Kirche gegenüber ziviler Autorität?

  • Wie vorher angesprochen, gilt es zivile Autoritäten für ihre Aufgabenerfüllung zu ehren, sich unterzuordnen („…denn sie sind Gottes Diener, die eben dazu beständig tätig sind“).
  • Des Weiteren ist es unserer Aufgabe und Verantwortung für Könige und deren Statthalter zu beten (2Tim2:1-2).
  • Als Gläubige sollen wir weiterhin als Salz der Erde der Stadt Bestes suchen (Matth5:13; Jer29:7), durch unseren Dienst den Dienst der weltliche Obrigkeit unterstützen und verbessern. Im Rahmen unserer Staatsform können wir bspw. für bessere Gesetze eintreten, Verantwortung in öffentlichen Ämtern (Elternvertreter, Abgeordneter etc.) übernehmen, Initiativen gründen.
  • Gläubige können und sollen zivile Autorität an ihre Aufgabe- dem Maßstab Gottes folgend- erinnern und in die Pflicht zu nehmen! Vor allem durch unseren Wandel (Röm12:2) ein Beispiel sein, oder z.B. durch Briefe an Abgeordnete oder Presse.
  • Die Kirche hat im Zweifelsfall die Aufgabe, von Obrigkeit zu Obrigkeit, Gehorsam Gott gegenüber einzufordern oder der zivilen Autorität Widerstand zu leisten. Bonhoeffer sagt dazu: „wenn die Kirche den Staat in seiner Recht und Ordnung schaffenden Funktion versagen sieht, das heißt wenn sie den Staat hemmungslos ein Zuviel oder Zuwenig an Ordnung und Recht verwirklichen sieht. In beiden muss sie dann die Existenz des Staates und damit auch ihre eigenen Existenz bedroht sehen.“
    Dietrich Bonhoeffer in seinem Aufsatz „Die Kirche vor der Judenfrage“,April 1933
  • In letzter Konsequenz heißt es für die Kirche oder auch den Gläubigen Gott mehr zu gehorchen als der weltlichen Obrigkeit (Apg5:29): Dort wo Gehorsam gegenüber der weltlichen Obrigkeit Ungehorsam gegenüber Gott fordert. Absoluter Gehorsam und totale Unterordnung gebührt ausschließlich Gott und seinem Wort! Die Schrift benennt diverse Beispiele, in denen Gläubige in unterschiedlichen Fragen der jeweiligen weltlichen Obrigkeit ungehorsam waren (z.B. „Aber die Hebammen fürchteten Gott und taten nicht, was ihnen der König von Ägypten befohlen hatte, sondern sie ließen die Knaben leben.“ 2.Mose 1,15-21).
  • Gläubige und Kirche dürfen die weltliche Obrigkeit niemals auf eine Stelle mit dem Reich Gottes oder sogar Gott selbst stellen, weder in dessen Autorität noch in anderer Hinsicht!

Wenn Römer 12:2 diesen Abschnitt einleitet, unseren Lauf in dieser Welt behandelt, schließt Vers 13:11 den Bogen und stellt uns das himmlische Ziel vor Augen.

„Und dieses [sollen wir tun] als solche, die die Zeit verstehen, dass nämlich die Stunde schon da ist, dass wir vom Schlaf aufwachen sollten; denn jetzt ist unsere Errettung näher, als da wir gläubig wurden.“

Römer13:11

[1] “In Luthers Hauspostille von 1544 heißt es in der Predigt über die Hochzeit zu Cana: „Denn das haußhalten oder der Eheliche Stand muß alle Könige vnd Fürsten erhalten: nicht allein deßhalb, das König vnd Fürsten auß dem Ehstand kommen, Sonder das man weder lewte noch Zinse würde haben, wenn nicht Eheleut weren. Denn der Haußhalter muß es erwerben, davon alle Stende inn der welte, vom höchsten biß auff den geringsten, erhalten werden, Darumb hat vnser Herr Gott den Ehlichen stand als ein Brun quelle gesetzt aller gütter auff erden.“

WA 52, S. 115.

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