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Freiheit kommt aus dem Recht

Gastbeitrag von Prof. Dr. Dr. Daniel von Wachter

Die richtige Ordnung ergibt sich aus dem Gebot „Du sollst nicht stehlen“, denn es impliziert, daß es etwas gibt, was man nicht stehlen soll, also Eigentum.

Sowohl die Coronakrise als auch der sich abzeichnende wirtschaftliche Niedergang Deutschlands lassen viele die Frage stellen, welche Gesellschaftsordnung wir haben und welche die richtige wäre. Während die einen COVID-19 als lebensgefährliche Herausforderung darstellten und als Chance für eine bessere Ordnung, für ein „Build back better“ sahen, beklagten die anderen die Einschränkung der Grundrechte, von denen sie bisher angenommen hatten, daß sie nie eingeschränkt werden dürfen. In diesem Artikel werde ich die Frage stellen, welche Ordnung jetzt besteht und welches die richtige wäre. Das ist eine große, ja riesige Frage, über die viele Meter Bücher geschrieben wurden, aber manchmal lassen sich große Fragen recht kurz beantworten. Ich werde darlegen, daß der jetzige Zustand eigentlich kein Kapitalismus ist und daß der richtige Zustand aus dem Recht entstünde.

Welche Wirtschafts- oder Gesellschaftsordnung besteht jetzt in den Ländern des Westens, insbesondere in Deutschland? Manchmal wird gesagt, die jetzige Misere zeige, daß der Kapitalismus auch nicht die Lösung sei, weil da einige Konzerne und Superreiche die Politik steuern. Das ist wahr in einem Sinne und falsch in einem anderen Sinne. Klarheit können wir erlangen, indem wir das Wort „Kapitalismus“ erst einmal beiseite legen und den jetzigen Zustand betrachten.

Der jetzige Zustand

Im jetzigen Wirtschaftssystem in der BRD gibt es zwar in einem gewissen Umfang Privateigentum und private Unternehmen, aber nur in einem sehr eingeschränkten Maße. Der Staat beschließt nach Belieben, wie viele Steuern, Abgaben, „Rentenversicherungsbeiträge“ und „Sozialversicherungsbeiträge“ zu zahlen sind. Er behauptet also, bestimmen zu können, was wem gehört, und nimmt den Menschen, wie es ihm beliebt. Wenn man all die versteckten Steuern in Rechnung stellt – z. B. die 19 Prozent Mehrwertsteuer, die Mineralölsteuer, die für andere Ausgaben mißbrauchten Rentenkassenbeiträge, etc. –, dann nimmt der Staat den meisten Menschen über die Hälfte ihres Einkommens weg. Während den Kindern in der Schule erzählt wird, im Mittelalter hätten die Feudalherren die Menschen bis aufs Blut ausgenommen und der moderne Staat hätte die Menschen befreit, bestiehlt der heutige Staat die Menschen in nie dagewesenem Maße.

Die klügste Aussage des Augustinus von Hippo war: „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“ Doch ein Unterschied zur Räuberbande besteht: Der Staat behauptet, das Wegnehmen sei rechtmäßig. Er erläßt ein „Gesetz“, das die Höhe der Steuern festlegt, und es gibt keine Gerichtsbarkeit, durch die der Mensch gegenüber dem Staat Recht bekommt, denn es gibt keine vom Staat unabhängigen Gerichte, durch die man gegenüber dem Staat Recht bekommt. Das Privateigentum ist in der BRD weitgehend ungeschützt. Der Staat ignoriert, daß es ein von den von ihm gemachten „Gesetzen“ unabhängiges Recht gibt und daß ein „Gesetz“, welches jemanden „verpflichtet“, 30 % seines Einkommens als „Steuer“ zu bezahlen, Unrecht ist. Unterstützt wird er dabei durch einige dem gesunden Menschenverstand widersprechende Philosophen, die sagen, natürliches Recht sei mysteriös oder nicht erkennbar. Das Grundgesetz anerkennt in einigen Bereichen das nicht von Menschen gemachte Recht, z. B. in Art. 6 das „natürliche Recht“ der Eltern, ihre Kinder zu erziehen, aber durchsetzbar sind diese Rechte nicht.

Hinzu kommt, daß durch die Geldmengenvermehrung das Geld der Menschen entwertet wird. Diese wird durch das Fiatgeldsystem ermöglicht, d. h. durch das vom Staat aus dem Nichts erschaffene und als „gesetzliches Zahlungsmittel“ vorgeschriebene Geld, welches Gold und Silber als Zahlungsmittel ersetzte. Die Geldmenge wird durch die Zentralbanken vergrößert, indem sie die Zinssätze, zu denen Banken von ihnen Geld leihen können, niedrig setzen, und indem sie Anleihen aufkaufen. Außerdem wird durch die Geschäftsbanken die Geldmenge vergrößert, indem sie Geld als Kredit vergeben, das keiner dort eingelegt hat, sondern das sie aus dem Nichts erschaffen.

Die den Geldwert verringernde Tätigkeit der Zentralbanken spiegelt sich in ihren Bilanzsummen. Im Jahr 2020 hat die amerikanische Zentralbank Fed ihre Bilanzsumme um 76 Prozent erhöht, die Europäische Zentralbank hat sie um 68 Prozent erhöht (Quelle: tagesgeldvergleich.net). Diejenigen, die nahe an der Geldquelle sitzen, also der Staat, Banken und einige Unternehmen profitieren davon, der Normalbürger kann sich vor dem entstehenden Kaufkraftverlust nur schwer schützen.

Einige große Unternehmen werden durch staatliche Subventionen, durch staatliche Aufträge und durch Zugang zum Geldwesen begünstigt. Drastisch vor Augen geführt wurde uns das durch die „Bailouts“ einiger Banken nach der Subprime-Krise, die im Jahr 2007 begann. Einige Banken bekamen unvorstellbar große Summen, auf Kosten der Steuerzahler. Anders lief es im Jahr 2020, da kamen die großen Banken durch die Geldmengenvermehrung an große Geldmengen, ohne daß dies bekannt geworden wäre.

Außerdem wird der Handlungsspielraum der Menschen und der Unternehmen durch Vorschriften enorm eingeschränkt. Der Verbraucher merkt dies an Bosheiten wie dem Glühbirnenverbot oder dem Verbot von Staubsaugern mit einer höheren Leistung als 900 Watt. Unternehmen werden dadurch behindert, die Wünsche der Kunden optimal zu erfüllen, und ihnen entstehen riesige Kosten für die Einhaltung der unzähligen Vorschriften („compliance“). Das geht zu Lasten der Kunden, denn die Kosten der Produkte müssen steigen. Allein der Wunsch, Kunden zu gewinnen und Gewinn zu erzielen, bringt Unternehmen dazu, die Qualität ihrer Produkte zu optimieren und den Kunden zu dienen. Geschützt ist der Kunde, wenn es eine Gerichtsbarkeit gibt, durch die er Vertragseinhaltung und Haftung durchsetzen kann. Die größte Macht hat der Kunde durch die Möglichkeit, frei zu entscheiden, was er kauft und was nicht. Dadurch, nicht durch staatliche Vorschriften, wird die Qualität verbessert und der Preis gesenkt.

Oft greift der Staat in das Leben der Menschen ein, indem er etwas für genehmigungspflichtig erklärt. Schulen und Universitäten z. B. können wegen der Genehmigungspflicht nicht nach den Überzeugungen ihrer Gründer und Betreiber gestaltet werden.

Die Zunahme an Vorschriften und Genehmigungspflichten entspringt der natürlichen Neigung des Staates, immer mehr zu kontrollieren und zu herrschen. Viele meinen, daß der Staat heute „etwas“ zu viel reguliert. Doch das trifft es nicht. Die Vorstellung, daß die staatliche Kontrolle zu einem besseren Ergebnis führt als das Zusammenspiel zwischen Angebot und der freien Wahl der Kunden, ist eine Illusion. Eine Illusion, die den Staat vergöttlicht, denn sie schreibt dem Staat Gutsein zu. Sie nimmt an, daß staatliches Handeln durch das Gute motiviert wird, obwohl die Erfahrung zeigt, daß staatliches Handeln durch die Kontrollsucht des Staates geleitet wird.

Einige Bereiche, die für die Entfaltung des einzelnen Menschen und der Kultur besonders wichtig wären, hat der Staat vollständig an sich gerissen, insbesondere das Gesundheitswesen, das Schulwesen und die Wissenschaft. Zum Beispiel betreibt er selbst Schulen und Universitäten, und sogar bei privaten Schulen und Universitäten schreibt er die Lehrinhalte und vieles anderes vor. Wenn der Staat aus dem „Bildungswesen“ vertrieben würde und die Eltern und die, die gerne Bildungsdienstleistungen anbieten möchten, nicht mehr behinderte, würden die Bildung, die Kultur und die Kinder aufblühen.

Die Ärzte steuert der Staat zum Beispiel über das Instrument der Approbation. Besonders während der Coronakrise konnten wir beobachten, daß der Staat in Form der Ärztekammer solchen Ärzten die Approbation entzieht, welche Maßnahmen des Staates kritisieren und welche Patienten nach ihrem Wissen und nach den Wünschen der Patienten behandeln. Dadurch wird das Heilwesen vollständig vom Staat kontrolliert, denn den Ärzten, die nicht dem Staat, sondern ihrem Wissen und Gewissen gehorchen, wird die Approbation entzogen, und die vielen anderen Ärzte sind gefügig, weil ihnen bei Nichtgehorsam die gleiche Strafe droht.

Das „Gesundheitswesen“ in der BRD und auch in der Schweiz ist im wesentlichen planwirtschaftlich. Die Preise und auch die Wahl der Therapien werden weitgehend vom Staat und seinen vielfältigen Organen festgelegt. Dadurch hat der Patient keine Wahl. Es besteht kein freier Wettbewerb der Behandlungsmethoden, aus denen der Patient auswählen könnte und in dem sich die beste Behandlungsmethode durchsetzen könnte. In so einem System sinkt notwendig die Qualität, und die Preise steigen, so wie es bei den in der DDR oder in der Sowjetunion hergestellten Autos war. Besonders drastisch konnte man dies in der Coronakrise beobachten. Der normale, richtige Gang der Dinge bei der Entstehung einer Heilungsmethode wäre, daß viele nach einer Heilungsmethode suchen und ihre Heilungsmethoden anbieten, so daß ein Wettbewerb darüber entsteht, welches die beste Methode ist. Der Kunde kann sich dann entscheiden, wem und welcher Heilungsmethode er sein Vertrauen schenkt. Viele würden die angebotenen Heilungsmethoden untersuchen und den Menschen Informationen liefern, welche ihnen bei ihrer Entscheidung hülfe. Das wäre eine viel bessere Entscheidungsgrundlage als eine „offizielle“, sprich staatliche Zulassung. Das Haftungsrecht würde die Kunden vor vielen Schäden schützen.

Bei den Coronaimpfstoffen lief es in allen Hinsichten verkehrt, alles wurde von den Regierungen oder durch staatliche Organe wie der WHO entschieden und befohlen. Der Staat und Organe wie die WHO wurden gesteuert durch Privatpersonen und durch einige wenige Unternehmen, insbesondere Pharmaunternehmen. Keine freie Wahrheitssuche, keine freie Suche nach einer Heilungsmethode, keine Wahlfreiheit bei den Handlungsmethoden. Der Gipfel ist, daß die Impfstoffhersteller wurden von der Haftung für Impfschäden befreit wurden. Das ist ein für das Böse optimiertes System. Wieder zeigt sich: Die Vorstellung, daß die staatliche Kontrolle zu einem besseren Ergebnis führt als das Zusammenspiel zwischen Angebot und freier Wahl der Kunden, ist eine Illusion. Eine Illusion, die den Staat vergöttlicht, indem sie annimmt, daß staatliches Handeln durch das Gute motiviert wird, obwohl die Erfahrung zeigt, daß staatliches Handeln durch die Kontrollsucht des Staates und durch die Interessen derjenigen motiviert wird, die das staatliche Handeln beeinflussen.

Es ist irreführend, dieses gegenwärtige System „kapitalistisch“ zu nennen, denn dieses Wort bezog sich ursprünglich auf die freie Marktwirtschaft. Besonders, aber nicht nur die Feinde der freien Marktwirtschaft haben es verwendet. Für das gegenwärtige System gibt es die Bezeichnung „crony capitalism“, auf deutsch „Korporatismus“, „Günstlingswirtschaft“ oder einfach Vetternwirtschaft. Typisch dafür ist, daß einige Unternehmen, z. B. Pharmaunternehmen oder Banken, oder superreiche Personen den Staat beeinflussen. Sie setzen ihre Interessen also mit Staatsmacht durch, anstatt dem Recht zu unterstehen und anstatt sich im freien Wettbewerb mit ihrer Konkurrenz um die Kunden zu bemühen. So bekommen sie Bailouts, Aufträge zur Impfstoffentwicklung, Subventionen, Impfpflichten und Vorschriften, die der mittelständischen Konkurrenz schaden. Das Problem ist nicht, daß sie privat und profitorientiert sind, sondern daß sie ihre Interessen mit Staatsmacht durchsetzen. Das Problem ist also wieder der Staat, denn er eröffnet die Möglichkeit zu Handlungen, die unmöglich oder strafbar sein sollten, z. B. anderen Geld wegnehmen oder ihnen durch Vorschriften etwas verbieten, was nicht unmoralisch ist und niemandes Rechte verletzt.

Nun können wir die Frage nach dem Kapitalismus beantworten:

Das gegenwärtige Wirtschaftssystem ist kein Kapitalismus im Sinne einer freien Marktwirtschaft, sondern eine Günstlingswirtschaft. Der Staat schränkt die Freiheit und die Eigentumsrechte weitgehend ein.

Die meisten Menschen sind sich nicht dessen bewußt, daß der Kommunismus in Deutschland schon weitgehend umgesetzt ist. Das „kommunistische Manifest“ von 1848 führte zehn Ziele auf, von denen heute in der BRD sechs ganz oder teilweise erreicht wurden:

  • „2. Starke Progressivsteuer.“ [Erreicht.]
  • „3. Abschaffung des Erbrechts.“ [Durch Erbschaftssteuer teilweise erreicht.]
  • „4. Konfiskation des Eigentums aller Emigranten und Rebellen.“ [Durch Wegzugsteuer, die zum 31.12.2021 verschärft wurde, teilweise erreicht.]
  • „5. Zentralisation des Kredits in den Händen des Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und ausschliesslichem Monopol.“ [Erreicht durch die Einrichtung von Zentralbanken und von Fiatgeld als gesetzliches Zahlungsmittel.]
  • „6. Zentralisation des Transportwesens in den Händen des Staats.“ [Teilweise erreicht.]
  • „10. Öffentliche und unentgeltliche Erziehung aller Kinder.“ [Erreicht.]

Der „Great Reset“

Der Leiter des World Economic Forum, Klaus Schwab, möchte die Pandemie nutzen, um einen „Great Reset“ durchzuführen, der an Mao Zedongs „Der große Sprung nach vorn“ erinnert. Die Pläne werden unverhohlen auf der Internetseite weforum.org und in Schwabs Buch COVID-19: Der grosse Umbruch dargelegt. Schwab will die Verbindung zwischen Unternehmen und Staat noch weiter ausbauen, er nennt sie „public-private partnership“.

Im Great Reset sollen die Eigentumsrechte für Normalbürger noch mehr beschnitten werden als bisher. In einem Video des WEF heißt es: „You’ll own nothing. And you’ll be happy.“ („Du wirst nichts besitzen, und du wirst glücklich sein.“) Auch die mittelständische Industrie soll weiter geschwächt werden. Die Coronamaßnahmen haben ihr schon großen Schaden zugefügt, weitere Angriffe durch Klimamaßnahmen werden folgen. Davon profitieren die Großkonzerne, die mit dem Staat in der „Public-Private Partnership“ verbunden sind. (Eine Darstellung des Great Reset mit vielen Zitaten bietet Expresszeitung 40.)

Der Great Reset ist eine Variante des Sozialismus, Kommunismus oder Marxismus. Man kann die Grenzen zwischen diesen Begriffen unterschiedlich ziehen, aber entscheidend ist die Gemeinsamkeit: Die richtige, natürliche, von Gott in die Schöpfung eingebaute Ordnung, zu der auch die Eigentumsrechte gehören, wird bekämpft, und es wird eine Diktatur aufgebaut. Einige wenige herrschen über die Menschen und schränken sie in ihrem Handlungsspielraum und ihrer Lebensentfaltung weitgehend ein. Statt Recht und Freiheit herrschen Befehl und Gehorsam. An die Stelle des Zusammenspiels zwischen Anbieter und frei entscheidendem Kunden tritt der diktatorische Staat. (Eine die Wirkung des Sozialismus in seiner ganzen Breite umfassende kritische Darstellung des Sozialismus bietet das dreibändige Werk Wie der Teufel die Welt regiert.)

Die natürliche, richtige Ordnung

Die richtige Ordnung ergibt sich aus dem Gebot „Du sollst nicht stehlen“, denn es impliziert, daß es etwas gibt, was man nicht stehlen soll, also Eigentum. Das ist nicht eine von Gott willkürlich erlassene Verordnung, sondern die zehn Gebote (mit Ausnahme der sich auf Israel beziehenden ersten drei) geben wieder, was der Mensch mit seinem Gewissen, seinem Verstand und seiner Erfahrung erkennen kann. Das ist eine Art Wahrnehmung. Wenn jemand etwas als Lohn oder als Geschenk erhalten hat, dann gehört es ihm, so daß es Unrecht wäre, es ihm wegzunehmen. Das kann jeder, der guten Willens und klar im Kopf ist, einsehen. Man kann das „göttliche Ordnung“ oder „Schöpfungsordnung“ nennen in dem Sinne, daß sie Gottes Wesen und Willen entspricht, aber nicht in dem Sinne, daß sie nur für Christen erkennbar wäre oder gölte.

Ergänzt wird das Stehlensverbot durch das Neidverbot: „Laß dich nicht gelüsten deines Nächsten Weibes. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus, Acker, Knecht, Magd, Ochsen, Esel noch alles, was sein ist.“ Das heißt auch, daß es verkehrt ist, auf „die Reichen“ und auf „die Schere zwischen Arm und Reich“ zu schimpfen. Was jemand gestohlen hat, ist nicht sein Eigentum und soll daher möglichst dem Eigentümer wieder zurückgegeben werden. Das gilt auch für Bailouts und andere Formen staatlichen Raubs. Aber die bloße Tatsache, daß jemand viel mehr besitzt als andere, z. B. weil er eine erfolgreiche Supermarktkette oder Autofabrik aufgebaut oder geerbt hat, ist keineswegs schlecht.

Ferner gehört zur natürlichen, d. h. nicht vom Menschen gemachten Ordnung die Möglichkeit, Verträge zu schließen. Auch diese ist offensichtlich, deshalb kommen Menschen ganz ohne Staat und ganz ohne ein Gerichtswesen mit ei­nander ins Geschäft: „Ich gebe dir zwei Fische, du gibst mir dafür drei Laib Brot.“ Mit Verträgen können hochkomplexe Interaktionen geregelt werden. Menschen gehen Geschäfte mit einander ein, wenn diese für beide Seiten vorteilhaft sind.

Sozialistisch beeinflußte Menschen sagen oft, wenn Menschen einen niedrigen Lohn haben, daß diese „ausgebeutet“ werden. Manchmal fordern sie auch einen staatlich vorgeschriebenen Mindestlohn. Aber wenn ein Arbeitsverhältnis freiwillig ist, dann kann der Arbeitnehmer die Arbeit aufgeben. Wenn die Wirtschaft frei ist, dann kann der Arbeitnehmer eine Arbeit finden, für die er einen Lohn bekommt, der seiner Produktivität entspricht, d. h. der grob gesagt nahe an dem ist, was ein Arbeitgeber mit der Arbeit erwirtschaften kann. Denn wenn er vom einen Arbeitgeber sehr wenig bezahlt bekommt, dann besteht für andere Arbeitgeber ein Anreiz, den Arbeitnehmer für einen etwas höheren Lohn abzuwerben.

Wenn technischer Fortschritt besteht, steigen Löhne und Wohlstand. Dies ist der einzig wirksame Mechanismus, wie Löhne und Wohlstand steigen können. Ein staatlich vorgeschriebener Mindestlohn hat hingegen nur die Wirkung, daß niedrig qualifizierte und damit wenig produktive Arbeitnehmer keine Anstellung finden und die Arbeitgeber die betreffenden Tätigkeit gar nicht oder durch Maschinen durchführen lassen.

Allerdings funktioniert die Wohlstandssteigerung durch Wettbewerb um Arbeitnehmer nur dann, wenn ein freier Markt besteht. Wenn hingegen Steuern, Abgaben und Vorschriften das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage und die freie Gestaltung von Arbeitsverträgen einschränken, dann schränkt das die Steigerung von Löhnen und Wohlstand ein, Arbeitslosigkeit entsteht.

Wo die skizzierte natürliche Ordnung besteht, entsteht Geld. Wenn es kein Geld gibt, kann mir für meine Fische jeder, der gerne Fische von mir hätte, nur das anbieten, was er gerade hat. Doch wenn einer nur Schuhe und Brot anzubieten hat, ich diese aber nicht brauchen kann, kann er keine Fische bekommen. Deshalb entsteht Geld. Etwas, womit der Empfänger sich das kaufen kann, was er braucht, oder das er aufheben kann, so daß er oder seine Kinder sich in der Zukunft etwas kaufen könnten. Außerdem wird durch die Existenz von Geld optimiert, wie viel Arbeit und Mittel für was für Produkte aufgewandt wird. Je mehr Kunden möglichst billige Autos möchten, desto mehr möglichst billige Autos werden hergestellt. Je mehr Kunden hochwertige Elektrofahrräder möchten und bereit sind, dafür mehr auszugeben, desto mehr Arbeit und Geld wird in die Weiterentwicklung von Elektrofahrrädern gesteckt. So entsteht eine optimale Ressourcenallokation. In einer Planwirtschaft hingegen, wie wir sie im Gesundheitswesen und im Bildungswesen haben, werden die Ressourcen sehr ungünstig alloziiert.

Über Jahrtausende hinweg wurden Gold und Silber als Geld verwendet. Nicht weil ein Staat oder Herrscher das vorgeschrieben hätte, sondern die Menschen entscheiden, was sie als Geld annehmen. Wenn der Staat etwas anderes als „gesetzliches Zahlungsmittel“ vorschreibt, dann wird dies zu Ungunsten der Untertanen sein. Immer wieder kam es vor, daß Herrscher bestimmte Münzen als Zahlungsmittel vorschrieben und den Münzen dann etwas anderes beimischten und den Goldanteil senkten. Heute ist dieser Diebstahl durch Geldverdünnung perfektioniert.

Rechtsprechung

Damit der freie Markt funktioniert, sind Rechtsprechung und Rechtsvollzug nötig. Die Menschen müssen die Möglichkeit haben, Verträge durchzusetzen und sich vor Diebstahl und anderen Rechtsverletzungen zu schützen. Wenn jemand den vertraglich festgelegten Lohn nicht bezahlt, muß der Arbeitnehmer ihn dazu zwingen können. Ob man so eine Rechtsprechung dann „Staat“ nennt, ist nebensächlich. Entscheidend ist, daß die Menschen ihre Rechte durchsetzen können und daß Eigentum geschützt wird. In der BRD ist das weitgehend nicht der Fall, weil keiner die Menschen vor dem Staat schützt.

Hier müssen wir uns vor Augen führen, was über die Jahrhunderte mit unserem Rechtssystem geschehen ist. Heute wird das Parlament als „Gesetzgeber“ bezeichnet. Wenn es ein Gesetz „verabschiedet“, wird dieses als Gesetz und als „Recht“ angesehen. Das Grundgesetz sagt, daß es einige Rechte wie die freie Meinungsäußerung gebe, welchen die Gesetze entsprechen sollen. Darauf Bezugnehmend kann man vor dem Bundesverfassungsgericht gegen ein Gesetz klagen. Aber erstens beschreibt das Grundgesetz nur sehr wenige Einschränkungen des Gesetzgebers, und zweitens bekommt man vor dem Bundesverfassungsgericht selten Recht, denn es wird vom Staat selbst besetzt, Politiker entscheiden über die Besetzung. Der Gesetzgeber ist also weitgehend frei darin, was für „Gesetze“ er verabschiedet. Der Staat kann nicht nur Befehle erlassen und Ungehorsam bestrafen, er kann seine Befehle auch noch als „Gesetz“ bezeichnen, so daß es keine Gerichte gibt, durch die man Recht bekommen könnte.

Es ist heute den meisten Menschen nicht klar, daß dieser Umgang mit dem „Recht“ eine relativ neue Erfindung ist. Fritz Kern legte in seinem Aufsatz „Recht und Verfassung im Mittelalter“ (1919) dar, daß man im Mittelalter nicht daran glaubte, daß der Staat oder irgendein Mensch Rechte erschaffen könne. Er kann behaupten, dies zu tun, aber wenn seine Vorschrift ungerecht ist, weil sie dem wahren Recht nicht entspricht, dann ist sie nicht gültig und kein Recht, auch wenn er sie „Gesetz“ oder „Recht“ nennt. Kern schreibt:

„Für uns hat das Recht, damit es gelte, nur eine einzige Eigenschaft nötig: die unmittelbare oder mittelbare Einsetzung durch den Staat. Dem mittelalterlichen Recht dagegen sind zwei andere Eigenschaften anstatt dieser einen wesentlich: es ist „altes” Recht und es ist „gutes” Recht. Dagegen kann es das Merkmal der Einsetzung durch den Staat entbehren. Ohne jene zwei Eigenschaften des Alters und des Gutseins, die, wie wir sehen werden, merkwürdigerweise eigentlich nur für eine einzige und einheitliche Eigenschaft gehalten wurden, ist Recht kein Recht, selbst wenn es vom Machthaber in aller Form eingesetzt sein sollte.“ (S. 3)

Damit wird, so nehme ich an, nicht bestritten, daß es im Recht Details gibt, die durch Tradition entstehen, z. B. wie lange man Zeit hat, um eine Erbschaft auszuschlagen, oder wie die Übertragung eines Grundstücks zu besiegeln ist. Aber der Staat oder irgendein Mensch kann nicht Recht und Gesetze erschaffen, genauso wenig wie er erlassen kann, daß 2+3=6.

„Nicht der Staat, sondern Gott ist der Anfang alles Rechts. Das Recht ist ein Stück der Weltordnung; es ist unerschütterlich. Es kann gebeugt, gefälscht werden, aber dann stellt es sich selbst wieder her und zerschmettert zuletzt doch den Missetäter, der es antastete.“ „Hat irgendwer, ein Volksgenosse oder gar die Obrigkeit, ein ‚Recht‘ geschaffen, welches einem guten alten Herkommen widerspricht, und dieses Herkommen wird zweifelsfrei, etwa durch Aussage bejahrter Zeugen oder durch Vorbringen einer Königsurkunde, erwiesen, so war jenes neugeschaffene Recht kein Recht, sondern Unrecht, nicht usus, sondern abusus, und es ist Pflicht jedes Rechtsgenossen, der Obrigkeit wie des gemeinen Mannes, das verdunkelte gute alte Recht wiederherzustellen. Der gemeine Mann ebenso wie die Obrigkeit ist dem Recht verpflichtet und berufen, an seiner Wiederaufrichtung teilzunehmen.“ (S. 5)

Dieses Recht bietet Schutz. Erleidet jemand Unrecht, so steht das Recht auf seiner Seite. Damit hat er einen unerschütterlichen Fürsprecher auf seiner Seite. Der Stärkere kann gegen das Recht verstoßen, indem er etwas Unrechtes tut und behauptet, er handle recht, aber der Stärkere kann dies nicht wahr machen. Er kann stehlen, aber er kann es nicht ändern, daß es Diebstahl ist und daß der Gegenstand des anderen Eigentum ist.

Daher ist das Recht für jeden nach Machtausweitung strebenden Herrscher ein großes Hindernis, und daher haben Herrscher immer wieder behauptet, Gesetze machen zu dürfen. Zum Beispiel kann man an den 1525 in Memmingen niedergeschriebenen „Zwölf Artikel der Bauernschaft“ sehen, daß damals die Obrigkeit die Rechte der Bauern verletzte und behauptete, Recht ändern zu können. Noch deutlicher trat solches im Absolutismus auf. Die Französische Revolution gab vor, derlei Unrecht entgegenzutreten, in Wirklichkeit erschuf aber gerade sie den Staat, der beansprucht, „Gesetze“ und „Recht“ zu erschaffen, und kein von ihm unabhängiges Recht anerkannte.

Der Gipfel dieser Entwicklung ist der sogenannte Rechtspositivismus. Das ist die Lehre, daß die vom Parlament verabschiedeten Gesetze Recht hervorbringen und daß es kein vom Staat unabhängiges Recht gibt. Das ist der Traum jedes Diktators.

Der Ausweg aus der jetzigen Misere liegt im Recht. Nicht in dem, was heute der Staat als „Recht“ bezeichnet, sondern im Recht. Wir brauchen eine Rechtsprechung, die nicht den Willen der Regierung, sondern das Recht durchsetzt und daher auch verhindert, daß der Staat den Menschen nach Belieben Geld wegnimmt, etc. Wir brauchen nicht einen Staat und eine Regierung im heutigen Sinne, sondern Rechtsprechung und einen sie umsetzenden Rechtsvollzug.

Manche wenden gegen die herkömmliche Auffassung des Rechts ein, daß dieses „Naturrecht“ nicht erkennbar sei. Doch es ist durch das Gewissen und den Verstand erkennbar. Eine richtige Rechtsprechung, welche nicht einfach die als „Gesetze“ bezeichneten Befehle des Staates umsetzt, sondern für jeden ihr vorgelegten Fall die richtige Lösung sucht, findet mit der Zeit immer bessere, dem wahren Recht entsprechende Lösungen. Dabei gibt es auch Details, die nicht zu entdecken, sondern innerhalb eines gewissen Rahmens willkürlich festzulegen sind. Die Entscheidungen der Richter legen die Details für die Zukunft fest. Dies nennt man „Richterrecht“.

In Europa wurde das Recht sehr gründlich erkannt und entwickelt. Es findet sich im Gemeinen Recht und im Common Law. Daran könnten wir heute anknüpfen. Doch dazu müßten wir uns abwenden von der gefährlichen Illusion, daß Gesetze und Recht gemacht werden. Wir bräuchten Gerichte, die für die vorgebrachten Fälle die richtige, die gerechte, die dem wahren Recht entsprechende Lösung suchen.

Natürlich besteht die Möglichkeit, daß Richter inkompetent oder korrupt sind. Deshalb muß es einen Mechanismus geben, durch den gute Richter ausgewählt werden. Dies könnte durch Wahlen geschehen. Noch wirksamer wäre es, wenn es einen Markt für Rechtsprechung gäbe, so daß die Recht Suchenden, also die Kunden, diejenigen Gerichte und Richter anrufen, die sie für die kompetentesten und gerechtesten halten. Ob es für alle Fälle einen Markt für Rechtsprechung geben kann oder ob es für manche Fälle ein Gericht mit Monopol geben muß, dessen Richter durch Wahl bestimmt werden müssen, kann ich hier nicht klären. Jedenfalls wird sich die Lage schwer verbessern, solange es „Gesetzgeber“ gibt, die fast beliebige Befehle zu „Gesetzen“ erklären können.

Zwei Sichtweisen auf die Welt und auf das Leben

Es gibt zwei Sichtweisen darauf, wie die Welt gestaltet und verbessert werden soll. Manche Menschen meinen, daß es jemanden geben muß, der entscheidet und befiehlt. Sie meinen, daß Ordnung entsteht und die Welt verbessert wird, indem eine Regierung beschließt, was geschehen soll, und den Beschluß durchsetzt. Das ist das autoritäre Modell. Es tritt nicht nur im Sozialismus und in Form des alles bestimmenden Diktators auf, sondern auch in milderen Formen. Etwa dort, wo Menschen meinen, der Staat solle Schulen betreiben, Schulzwang erlassen und das, was sie für gut halten, an diesen Schulen lehren. Oder dort, wo Menschen meinen, der Staat solle die wahre Religion durchsetzen. Oder dort, wo Menschen meinen, der Staat solle den einen Menschen etwas wegnehmen und dies den Armen geben.

Die alternative und, wie ich meine, richtige Sicht ist, daß der Mensch die Gelegenheit und die Aufgabe hat, die Welt mit seinem Eigentum, seinen Fähigkeiten und seiner Arbeit zu gestalten und zu verbessern. Das ist die freiheitliche und rechtliche Sicht. Der Autoritäre wird dies „individualistisch“ nennen, aber in der freiheitlichen Welt tut sich der Mensch für seine Tätigkeiten mit anderen Menschen zusammen und bildet Vereine, Unternehmen und Stiftungen. Er kann Produkte herstellen und sie verkaufen, und er kann etwas von seinem Eigentum verschenken. Daher sagte Jesus: „Ihr habt allezeit Arme bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen Gutes tun“ (Markus 14,7). Aber er muß sich an das Recht halten. Anderen Geld wegzunehmen und damit die Welt zu verbessern, ist der natürlichen, göttlichen Ordnung entgegengesetzt. Das ändert sich auch dadurch nicht, daß man das Wegnehmen „Steuern“ nennt.

Die typische Strategie des Staates zur Machtausweitung ist es, irgendeinen angeblich wichtigen Zweck vorzugeben. Entweder gibt der Staat vor, daß ein großes Gut wie „Bildung für alle“ oder „medizinische Versorgung für alle“ nur durch staatlichen Zwang und durch Steuergelder zu erreichen ist, oder daß eine große Gefahr nur durch staatlichen Zwang und durch Steuergelder zu bekämpfen ist, z. B. eine „Pandemie“ oder eine „Klimakatastrophe“.

Die zerstörerischen Maßnahmen des Staates sind nur möglich, weil so viele Menschen an den Staat glauben und nach dem Staat rufen. Die Menschen rufen nach dem Staat, indem sie sagen: „Der Staat muß dafür sorgen, daß alle eine Schulbildung bekommen“, „Der Staat muß bei der Schulbildung und in den Universitäten Standards sicherstellen“, „Der Staat muß dafür sorgen, daß nur geeignete Menschen als Arzt arbeiten dürfen“, „Der Staat muß dafür sorgen, daß nur wirksame Medikamente auf den Markt kommen“, „Der Staat muß dafür sorgen, daß keine Monopole entstehen“, „Der Staat muß dafür sorgen, daß alle Menschen günstigen Wohnraum bekommen“ und „Der Staat muß das Klima retten“. Wenn die Menschen nach dem Staat rufen, entsteht früher oder später eine böse Diktatur. Wenn beim nächsten wirtschaftlichen Zusammenbruch wieder viele dem Kapitalismus die Schuld geben werden und rufen, der Staat müsse diese und jenes tun, dann wird keine Verbesserung eintreten.

Der Mensch ist mit Freiheit und Verantwortung ausgestattet. Er hat die Wahl, ob er aus seinem Leben etwas Gutes macht oder ob er es vertändelt oder ob er betrügt und intrigiert, frißt und säuft. Gott hat die Welt mit vielen guten Möglichkeiten für den Menschen geschaffen, die nur in dem Maße verwirklicht werden können, in dem die natürliche Ordnung besteht. Die Lage Deutschlands und des Westens wird sich kulturell, moralisch und wirtschaftlich in dem Maße wieder verbessern, als die skizzierte natürliche Ordnung wieder hergestellt wird.

Prof. Dr. Dr. Daniel von Wachter ist Philosoph und Theologe und lebt mit seiner Familie im Fürstentum Liechtenstein. Seine Forschungsschwerpunkte sind Willensfreiheit, Kausalität und Religionsphilosophie. Viele seiner Veröffentlichungen sind auf www.von-wachter.de lesbar.

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